Text: Cfr. Pfarrer Franz Lang, Prior der Komturei Walldürn und Geistlicher Zeremoniar der Ordensprovinz Südwestdeutschland
Dieses Sprichwort ist mir von klein auf vertraut. Meine Mutter hat es häufig gebraucht. Freilich wird dabei oft übersehen, dass das Sprichwort beides für wertvoll hält, das Reden und das Schweigen, denn Gold und Silber haben nun einmal ihren Wert. Ich denke, dass es in diesem Sprichwort einfach darum geht, den Wert des Schweigens, der Stille besonders hervorzuheben.
Der bekannte Heidelberger Professor für Neues Testament, der vor 5 Jahren verstorbene Klaus Berger, hat in seinem letzten Buch mit dem Titel „Schweigen – Eine Theologie der Stille“ über den Wert der Stille geschrieben. Schweigen, so formuliert Klaus Berger, ist im Christentum ein Weg und eine Art der Offenbarung Gottes – besonders dann, wenn sich Menschen von Gott im Schweigen erreichen lassen, sich schweigend Gott zuwenden. Dadurch können sie seinen Willen erspüren und die Fähigkeit erwerben, schweigend zu lieben.
Das Evangelium des 14. Sonntages i.J. C erzählt, dass Jesus nicht nur die zwölf Apostel berufen hat: „In jener Zeit suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.“ (Lk 10,1)
Der griechische Text des Alten Testamentes zählt in Gen 10 zweiundsiebzig Heidenvölker. Damit deutet die Zahl der zweiundsiebzig, die Jesus aussucht, auf ihre Aufgabe hin: sie sollen den Menschen die Frohe Botschaft bezeugen.
In diese Aufgabe sind auch wir Damen und Ritter des Ordens von Heiligen Grab zu Jerusalem hineingenommen. Wir sind in unserer immer mehr säkularisierten Umgebung gerufen, dahin zu gehen, wohin Jesus selbst kommen will und dem Glauben an ihn den Weg zu bereiten. Eine wichtige, erfüllende, aber auch zugleich schwere Aufgabe, die es erforderlich macht, immer wieder sich selbst im Glauben stärken zu lassen, damit wir ihn bezeugen und weitergeben können. Unsere regelmäßigen Treffen in den Komtureien wollen dazu beitragen. Das Evangelium weist aber auch auf eine andere Kraftquelle hin.
Als die von Jesus ausgesandten Apostel wieder zu ihm zurückkommen und berichten, was sie alles getan und erlebt haben, lädt Jesus sie ein, an einen einsamen Ort zu gehen, die Stille zu suchen und auf diese Weise neue Kraft zu schöpfen (vgl. Lk 9,10).
Menschen können nicht immer nur geben, sie brauchen auch selbst Zeiten zum auftanken, um neue Kräfte zu sammeln für das, was kommt. Von Jesus wird in den Evangelien immer wieder erzählt, dass er sich regelmäßig zurückgezogen hat zum Schweigen und Beten. Offensichtlich hat Jesus das für seine Sendung gebraucht. Auch wenn es im Evangelium heißt: „als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.“(Mt 6,34)
Jesus konnte deshalb den Menschen so viel geben, weil er selbst so viel empfangen hat von seinem Vater.
Die Erfahrung, dass Stille für den Glauben „Gold“ wert ist, haben in den Jahrhunderten der Kirchengeschichte unzählige Menschen gemacht. Nicht nur Mönche und Nonnen in ihren Klöstern oder die Mystiker, sondern auch die ganz einfachen Gläubigen. Selbst solche, die nicht regelmäßig den Gottesdienst besuchen, erzählen mir oft, dass sie zwischendurch immer wieder einmal eine Kirche besuchen, weil sie sich in der Stille geborgen und Gott nahe fühlen. Allzu viele Worte können manchmal Entscheidendes verdecken. Gerade wir, die wir in einer Zeit der Inflation der Worte leben, in einer Zeit die oft von Lärm und Hektik bestimmt ist, brauchen in besonderer Weise Zeiten der Stille. Für unsere körperliche Erholung, aber auch für unsere Seele. Möglichkeiten des Rückzugs in die Stille gäbe es genug, wir müssen sie nur wahrnehmen. Der Hl. Franz von Sales rät: „Gib dir jeden Tag eine Stunde Zeit für die Stille. Wenn du viel zu tun hast, dann gib dir zwei.“