Jesus, die Frau am Jakobsbrunnen und das Wasser des ewigen Lebens (Joh 4,5-42)

Eine Betrachtung von Domdekan Hans Bauernfeind, Prior der Komturei St. Michael in Passau

Lebendiges Wasser

Jesus hat Durst – nach Wasser. Aber ihn dürstet nicht nur nach Brunnenwasser, sondern auch danach den Menschen das lebendigeWasser geben zu können. Was heißt das? –

Jesus ist der Sohn Gottes. Er kommt aus der Fülle der Gemeinschaft des dreieinigen Gottes. Dieser ist vergleichbar mit einem tiefen Brunnen – bis zum Rand gefüllt mit zuwendender Liebe, solidarischer Gemeinschaft und der Sehnsucht, den Menschen Heil und ewiges Leben zu schenken. Gott liebt seine Geschöpfe – er liebt die Menschen, die als Mann und Frau IHM ähnlich sind. Deshalb wird das ewige Wort Gottes in Jesus Christus Mensch. Er dürstet danach, die Menschen zu erlösen, ihren Blick für Gottes Liebe zu öffnen.

Darum dürstet es Jesus, noch viel mehr als selber Wasser zu trinken, mit der Frau am Jakobsbrunnen ins Gespräch zu kommen und sie mit dem Heil Gottes in Berührung zu bringen. Darum spricht Jesus sie an, obwohl doch die Juden und die Samariter miteinander im Unfrieden sind. Deshalb hilft er der Frau, sich selber besser zu verstehen, mit sich, mit der Welt und mit Gott ins Lot zu kommen. Darum darf sie sich öffnen und eingestehen, dass in ihrem Leben schon einiges zu Bruch gegangen ist.

Die Frau findet zu sich selbst. Es ist so, als ob sie in den tiefen Brunnen ihres eigenen Lebens hineinblickt und die dunklen Schatten sieht, die sie belasten. Sie überwindet die Angst vor ihnen und hebt sie ans Licht – blickt sie direkt an. Sie kann jetzt befreit leben. Doch Jesus gibt ihr noch mehr. Er hilft ihr zu verstehen, dass sie gerade im Gespräch mit ihm aus dem unerschöpflichen Brunnen Gottes schöpft. Sie erfährt die unendlich große Liebe Gottes. Die Gemeinschaft mit Jesus ist, wie lebendiges Wasser zu trinken – wie Wasser, das ewiges Leben gibt.

Das lebendige Wasser in unsere inneren Brunnen

Das vom Evangelisten Johannes dargestellte Geschehen erinnert an das Sakrament der Versöhnung. So soll Beichte sein: Mit Jesus frei sprechen, in der Tiefe meines Brunnens die dunklen Schatten sehen und heben, mich von Jesus von allen Lasten lossprechen lassen und mit dem Wasser der Zuwendung aus dem Brunnen Gottes zu neuem Leben finden. So hat Jesus der Frau das Heil gebracht. Daraus ist Segen geworden. Denn viele finden nun durch die Erzählung der Frau zu Jesus – und auch sie begegnen ihm und werden gläubig, d. h. sie vertrauen sich Jesus an, lassen das lebendige Wasser in ihre inneren Brunnen hineinfließen.

Jesus gibt das Wasser des ewigen Lebens

Wie glaubwürdig Jesus ist, zeigt uns sein Sterben am Kreuz. Dort ruft Jesus: „Mich dürstet.“ (Joh 19,28). Beständig geht es ihm darum, den Menschen das Heil zu schenken und ihnen den Geist der unbegreiflichen Liebe Gottes zukommen zu lassen. Darum übergibt er noch in seinem Tod diesen Geist an uns alle. Hingebungsvoller kann Jesus, der Gottes Sohn, nicht zeigen, wie sehr Gott uns liebt. Er gibt das Wasser des Lebens – des ewigen Lebens. Amen.

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