Das Lesejahr A eröffnet uns an drei aufeinanderfolgenden Fastensonntagen den ganzen Horizont der Jesus-Beziehung in der Gemeinde des Johannes-Evangeliums; es wird jeweils ein ganzes Kapitel vorgelesen (am besten mit verteilten Rollen wie am Palmsonntag und am Karfreitag). Die Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh 4) und der Blindgeborene am Schiloach- Teich (Joh 9) öffnen das Herz für die Licht- und Lebensquelle in der Taufe; mit der Auferweckung des Lazarus (Joh 11) festigt sich der Glaube, dass Jesus Christus der einzige Weg zum wahren Leben ist. Wir lernen in den verschiedenen Gesprächen, dass nicht alle Gebete um Genesung und Heilung erhört werden; wir erfahren über den Tod als einen heilsamen Schlaf für die Auferstehung in ein neues Leben; wir lernen im Ich-Wort Jesu, wie wir mit Katechismussätzen umgehen sollen, nämlich als unmittelbarer Bezug zur Person Jesu; wir dürfen uns mit Jesus erschüttert zeigen über das Unverständnis der Welt und über die Macht des Todes, die scheinbar jede Liebe zerstört; und wir preisen die Größe und Güte Gottes, der uns neues und ewiges Leben zu schenken vermag. In der Osternacht fließen diese Glaubensgefühle in das feste Bekenntnis ein, das in uns die Taufgnade erneuert und uns auf das ewige Leben und die eigene Auferstehung ausrichtet.

„Gepriesen sei die Stunde, da Lazarus nur schlief!

Das Wort aus deinem Munde zu neuem Heil ihn rief.

Doch einst wird jeder Riegel des Totenreichs gesprengt, gelöst der Gräber Siegel

und Freiheit uns geschenkt.“

Gotteslob, Bamberger Diözesananhang Nr. 883, 3. Strophe

Lazarus kumm raus – ein echtes Glaubenszeugnis

„Lazarus, kumm raus! Kumm raus!“ Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich den Lazarus- Song meines evangelischen Pfarrerkollegen und Kabarettisten Hannes Schott zum ersten Mal hörte – bei einem Faschingsabend im Pfarrsaal unserer Gemeinde St. Hedwig in Bayreuth. Mitten in die Faschingsstimmung mit ausgelassenen Schunkelliedern und lauter Popmusik brachte Hannes Schott, jetzt Pfarrer in Nürnberg St. Jakob, den ganzen Pfarrsaal zum Nachdenken. Mit seinem Partner Stefan Haußner im Duo „Zsammgebicht“ gab es in seinem Beitrag viele unterhaltsame Situationsbeschreibungen; doch sein biblischer Song – mit und für Konfirmanden entwickelt – war zwar ein sprachlich salopper Umgang mit dem Evangelium, aber zugleich ein echtes Glaubenszeugnis – auch für uns als Faschingsgemeinde und erst recht für seine jungen Leute. Uns alle ruft Jesus eines Tages auch wie den Lazarus: „Kumm raus!“ Und Pfarrer Schott musste auch in den Folgejahren immer wieder „seinen“ Lazarus singen, das wollte alle noch einmal hören.

Lazarus weckt in uns das schlechte Gewissen

Lazarus – mir war von einer Burgund-Reise die Verehrung dieses Freundes Jesu in Autun sehr wohl bekannt, wie es überhaupt in Frankreich und Spanien viele Lazarus-Kirche und sogar Ortsnamen gibt. Umso mehr war ich bei meiner ersten Reise nach Zypern überrascht, als wir kurz nach der Landung die uralte Stadt Larnaka besuchten und dort das Grab eben dieses Lazarus vorfanden. Nach seiner Auferweckung habe er fluchtartig Palästina verlassen (vgl. Joh 12,9-10) und sei nach Zypern gegangen, sei dort später von den Aposteln Paulus und Barnabas als Bischof eingesetzt worden und habe schließlich den Märtyrertod erlitten. Bei uns steht Lazarus nicht so hoch in Ehren – vielleicht weil er ein schlechtes Gewissen weckt durch seinen Namensvetter im Lukas-Evangelium, der in Abrahams Schoss sitzen darf nach all den Entbehrungen des irdischen Lebens, während es den reichen Prasser nach einem Tropfen Wasser dürstet, den er seinem armen Nachbarn nie gegönnt hatte.

Ostern bekräftigt die Hoffnung auf das ewige Leben

Obendrein hat mich der evangelische Pfarrer von Nikosia darauf aufmerksam gemacht, dass der griechische Name Lazarus dem hebräischen Eleazar und Elieser „Gott hat geholfen“ entspricht und sich damit neue Parallelen zu biblischen Personen aus der Abrahams-Geschichte, aus der Mose-Familie und aus der Makkabäer-Zeit ergeben.

Für den 5. Fastensonntag liegt der Fokus auf dem Bruder von Maria und Marta in Betanien – Papst Franziskus hat ihn übrigens in den Generalkalender für den 29. Juli eintragen lassen zu seinen beiden Schwestern. Es geht um seine und unsere Auferstehung als Auferweckung. Unsere Gräberfelder tragen in Nachbarsprachen die alte griechische Bezeichnung vom „Schlafsaal“ – „κοιμητήριον“, „cimitero“, „Cemetery“; aus unseren Friedhöfen ruft uns die Stimme des Herrn ins Leben. Für Lazarus ist es eine vorübergehende Rückkehr ins irdische Leben; doch seine Binden werden gelöst für das ewige Leben. Dafür dankt Jesus seinem Vater. Früher wurde bei der Taufe gefragt, warum jemand sich überhaupt taufen lassen will. Der Pate bzw. die Patin antwortete, dass die Kirche den Glauben zu schenken vermag und damit das ewige Leben. Jetzt ist alles auf die Gemeinde ausgerichtet; doch dort findet sich nur vorübergehend das Leben mit Gott. Ostern bekräftigt die Hoffnung auf das ewige Leben. Marta hat ihre Glaubenssätze gut gelernt und kann sie fehlerfrei aufsagen; Jesus verweist auf sich selber und seine Lebenskraft. Der Glaube an ihn ruft auch uns zum ewigen Leben. Das sollten wir als Hüter des Hl. Grabes immer im Bewusstsein behalten; das sollte auch das tiefste Motiv für alle Reformen in der Kirche sein.

In der Präfation zu diesem Fastensonntag heißt es:

„Da er (unser Herr Jesus Christus) Mensch ist wie wir, weinte er über den Tod seines Freundes; da er Gott ist von Ewigkeit, rief er Lazarus aus dem Grabe. Er hat Erbarmen mit uns Menschen und führt uns zum neuen Leben durch die österlichen Sakramente.“

Allen ein gesegnetes Osterfest – fröhliche Urständ!

Msgr. Dr. Josef Zerndl, Prior der Komturei St. Heinrich und Kunigunde Bamberg

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