„Was braucht es in unserer Zeit für Menschen in der Kirche? Welche Kompetenzen und Charismen sind gefragt?“ So kann der Heilige Barnabas als Beispiel für den „Brückenbau“ dienen.

Barnabas war für mich bislang ein eher unbekannter Apostel, einer, den ich wohl um den Apostel Paulus herum wusste, den ich aber kaum wahrgenommen hab. Einer, der zumindest in der westlichen Kirche in den Hintergrund geraten ist.

Durch viele Beiträge bei der Recherche im Internet zur Vorbereitung unserer Reise ist er mir dann doch nähergekommen, und schließlich ist er zu einem Schlüssel zum Verstehen geworden, wie die Mission des Völkerapostels Paulus so erfolgreich gelingen konnte.

Er gehört zu den „Großen“ der Urkirche, zusammen mit Simon Petrus, Jakobus, dem Herrenbruder, mit Paulus und Maria von Magdala, der in der frühen Jerusalemer Gemeinde großes Ansehen genoss. Davon zeugen z.B. die Kirchenväter Tertullian und Clemens von Alexandrien, die Barnabas gar für den Verfasser des Hebräerbriefes halten, oder Dokumente, die in seinem Namen verfasst wurden wie der „Barnabasbrief“, das „Barnabas-Evangelium“ oder die „Barnabasakten“. Die Wissenschaft verrät uns allerdings, dass diese „Zeugnisse“ erst viel später entstanden sind.

Barnabas hatte ursprünglich wohl „Josef“ geheißen. Ein damals so häufiger Name, dass ein Beiname nötig war, um ihn genauer bestimmen zu können. So wurde der „Joseph“ zum „Joseph, Barnabas“, zum „Josef, Sohn des Nabas“.

Barnabas war von Geburt ein Levit. Die Aufgabe der Leviten war im Jerusalemer Tempel das Vorbereiten der Opfer, die Unterstützung der Priester bei den Opferritualen, die musikalische Gestaltung der Gottesdienste und Feiern durch Gesang oder Instrumente, das Aufbewahren und die Pflege der Heiligen Schriften, u.v.a.m. Das bedingte, dass er neben seiner Muttersprache als griechischer Zypriot auch hebräisch und vermutlich auch aramäisch gesprochen hat – ein sprachlich Gebildeter.

Anneliese Hecht vom Kath. Bibelwerk nennt ihn einen „Brückenbauer“, und ein Brückenbauer war er in der Tat.

Im Jerusalem gehörte Barnabas wohl zur Urgemeinde.  In der Apostelgeschichte wird er genannt als einer, der einen Acker verkauft, um die Armen der Gemeinde zu unterstützen. So sollte er als Vorbild für andere dienen.

Als Saulus-Paulus nach seiner Bekehrung nach Jerusalem kommt, und die Gemeindemitglieder sich aber immer noch durch ihn bedroht fühlten, da war es Barnabas, der ihn in die Gemeinde und zu den Aposteln bringt und für ihn einsteht. Paulus selbst schreibt in seinem Brief an die Galater, er habe vierzehn Tage bei Petrus gewohnt.

Das Ansehen des Barnabas ist es, das Paulus in der Jerusalemer Gemeinde Fuß fassen lässt. Barnabas, ein Brückenbauer. 

Die Jünger des „neuen Weges“, die Anhänger Jesu waren nach wie vor eine Gruppe innerhalb des Judentums. Manche von ihnen flohen vor befürchteten Verfolgungen seitens strenggläubiger Juden – denken wir an die Steinigung des Stephanus – und fanden im Libanon, in Syrien oder auf Zypern bei eher liberalen Diasporajuden eine neue Heimat. Sie verkündeten nun auch dort das Evangelium und gewannen so neue Anhänger Jesu dazu. Das ließ die Jerusalemer Gemeinde aufhorchen und hellhörig werden. Sie schickten deshalb Barnabas nach Antiochia. Er sollte das Geschehen dort beurteilen. Barnabas zeigt jetzt seine geistige Weite: Er sieht in dem, was dort geschieht, die Gnade Gottes am Werk.

Ein Vertrauensbeweis der Jerusalemer Gemeinde – und ein Hinweis auf seine integrierende Persönlichkeit wie auch auf seine theologische Kompetenz.

So ist er Brückenbauer zwischen der traditionellen Gemeinde in Jerusalem und der liberalen Gemeinde in Antiochia.

Ist es Bescheidenheit? Taktik? Realitätssinn- oder was auch immer? Barnabas könnte in Antiochia die Leitung der Gemeinde übernehmen, oder eine zumindest bedeutende Rolle spielen. Aber er holt Paulus dorthin.

Zusammen begeben sich später beide auf die erste Missionsreise, die sie nach Zypern, in die Heimat des Barnabas führt.

Wenn von den Missionsreisen des Paulus die Rede ist, dann geht es immer um Paulus, seine Theologie. Er ist der Tonangebende. Die Apostelgeschichte läßt uns aber aufhorchen: Da werden Paulus und Barnabas von den Leuten in Lystra (Apg 14) als Götter gedeutet – Barnabas als der Gott Zeus, als höchster der Götter, und Paulus als „Hermes“, also „nur“ als dessen Wortführer. So wird eigentlich Paulus nur durch seinen „Mitarbeiter“ Barnabas zum Völkerapostel. Die Brücke dazu – gebaut von Barnabas.

Zum Schluss: Barnabas und Paulus setzen sich konsequent für das Evangelium vom Reich Gottes ein. Beide bezeugen ihren Glauben mit dem Märtyrertod. Wie sieht mein Einsatz für das Reich Gottes aus? Was bin ich bereit dafür einzubringen, damit die Menschen heute etwas von die Menschenliebe Gottes erfahren?

Text: Cfr. Reinhold Seidl, Prior der Komturei Caritas Pirckheimer Nürnberg

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