Die Herbstinvestitur der Deutschen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem fand vom 11. bis 13. Oktober in Mannheim statt. Ausrichter war die Komturei St. Bernhard von Clairvaux. Unter dem Motto „Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt (Alfred Delp)“ versammelten sich über 500 Mitglieder und Gäste, um die feierliche Aufnahme von 10 neuen Kandidatinnen und Kandidaten zu begleiten. Der Dank ging insbesondere an die Organisatoren wie den Leitenden Komtur Cfr. Dr. med. Kurt Reiß, den Investiturbeauftragten Cfr. Dr. Joachim Desprez und den Prior Cfr. Ehrendomkapitular Dekan Karl Jung, die maßgeblich zum Erfolg der feierlichen Tage beitrugen.
Anbei eine kurze Zusammenfassung. Einen ausführlichen Bericht können Sie wie gewohnt im kommenden Deus Lo Vult nachlesen.
Der Auftakt am Freitag
Den Auftakt der Investiturtage bildete der Kandidatenempfang in der Kunsthalle am Friedrichsplatz. Der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht, und S.E. Statthalter Cfr. Dr. Michael Schnieders äußerten ihre Freude über die anstehende Investitur. Oberbürgermeister Specht unterstrich die Wichtigkeit der Hilfe für das Heilige Land. Mannheim ist nämlich durch seine Partnerstadt Haifa eng mit dem Heiligen Land verbunden. Zudem sei Mannheim international und heterogen. Deshalb passe die Investitur hervorragend in die Stadt. S.E. Statthalter Cfr. Dr. Michael Schnieders bedankte sich in seiner Erwiderung und betonte die Bedeutung der drei Säulen des Ordens: Geistliche Heimat, Lebendige Gemeinschaft und Stetige Hilfe.
Die Predigt zur Vesper der Investitur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem am 11.10.2024 in der Christuskirche Mannheim thematisierte die Bedeutung der Ökumene und den Dialog zwischen den christlichen Konfessionen. Prior Cfr. Ehrendomkapitular Dekan Karl Jung betonte die Rolle von Papst Johannes XXIII. und das II. Vatikanische Konzil. Dieses habe eine neue Ära des Dialogs und der Offenheit in der katholischen Kirche eingeleitet. Die Ökumene wurde als zentraler Bestandteil des Glaubens und der kirchlichen Arbeit beschrieben, insbesondere in Zeiten der Krisen, wie aktuell im Heiligen Land, aber auch in der Ukraine. Besonders hervorgehoben wurde dabei der Ruf nach Einheit, der sich aus dem Evangelium ableiten lässt: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21), so Prior Cfr. Ehrendomkapitular Dekan Karl Jung. Dieser Vers steht sinnbildlich für die tiefe Sehnsucht nach Einheit in einer „versöhnten Verschiedenheit“, die sowohl Christen im Heiligen Land als auch weltweit kennzeichnet.
In seiner Predigt zur Vigilfeier am gleichen Abend in St. Sebastian thematisierte der Geistliche Zeremoniar der Statthalterei, Cfr. Dompräbendat Dr. Wolfgang Hartmann, die Bedeutung der Menschwerdung Gottes und der Berufung zur Nachfolge Christi. Der Geistliche Zeremoniar betonte, dass die Menschwerdung Gottes unwiderruflich sei und die Grundlage für die christliche Nachfolge bilde. In Anlehnung an Wilhelm Korff wurde die „Irreversibilität des inkarnierten Logos“ hervorgehoben – als Ausdruck der unauflösbaren Beziehung Gottes zur Welt. Diese Nähe Gottes lädt uns ein, in der oft zerstrittenen Welt als Zeugen seiner Liebe zu handeln und seiner Liebe ein Gesicht zu geben, besonders in schwierigen Zeiten. Der Geistliche Zeremoniar erinnerte an den Apostel Paulus: „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? (…) Doch in alldem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat“ (Röm 8,35.37). Diese Liebe Gottes sei stärker als alle Widerstände, und die Gläubigen seien berufen, in der Welt als Antwort auf die Fragen und Nöte der Menschen zu wirken.
Der Tag der Investitur
Während der Kapitelsitzung am Samstag wies S.E. Statthalter Cfr. Dr. Michael Schnieders auf die aktuellen Unruhen im Heiligen Land hin und bedankte sich für die großzügigen Spenden, die den dortigen Glaubensgeschwistern zugutekommen.
Die Predigt S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx betonte die Rolle der Christinnen und Christen als „Pilger der Hoffnung“ in einer Welt voller Turbulenzen, Kriege und Unsicherheiten. Der Heilige Vater hat das Jahr 2025 als Heiliges Jahr ausgerufen, in dem diese Rolle besonders betont wird. In einer Zeit, in der Hoffnungslosigkeit weit verbreitet ist, sollen Christinnen und Christen ihre Mission verstehen, Hoffnungsträger zu sein. Der Glaube an Gott und die Hoffnung, die er schenkt, geben uns die Kraft, dem Leben zu vertrauen: „Dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt – das ist Hoffnung, und das brauchen wir in dieser Zeit.“ So S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx. Diese göttliche Tugend der Hoffnung kann man sich nicht selbst erarbeiten, sondern sie wird uns von Gott geschenkt, wenn wir uns dafür öffnen.
Die Offenbarung Gottes findet nicht nur in der Bibel als Text statt, sondern vor allem in Christus selbst, der als lebendiges Wort zu uns spricht. Das bedeutet, dass die Kirche in der Gemeinschaft des Volkes Gottes immer wieder das Wort Gottes hören und befolgen muss. S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx betonte: „Wir als Christinnen und Christen sind Pilger der Hoffnung. Wer sonst? Wer sonst sollte das sein?“. Diese Hoffnung leitet uns in unseren Herausforderungen, insbesondere im Blick auf das Heilige Land, das derzeit von Krieg, Hass und Gewalt erschüttert wird.
Die Gewalt, die im Heiligen Land herrscht, stellt uns vor die Frage, wie Völker, die sich über Generationen hinweg bekriegt haben, wieder zueinander finden können. Krieg wird jedoch nicht die Lösung sein, wie S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx unterstrich: „Es gibt keinen Krieg, der unschuldig ist. Es gibt keinen gerechten Krieg, wo die Hände sauber bleiben.“ Stattdessen rief er dazu auf, sich auf den Dialog und das Wort Gottes zu konzentrieren, um Frieden zu schaffen.
Besondere Bedeutung besitze das Heilige Land für das jüdische Volk. Im Anschluss an den Holocaust habees für die Juden die Heimat gebildet, in der sie Sicherheit suchten. Doch diese Sicherheit werde durch die Feindseligkeit der umgebenden Mächte immer wieder bedroht. Hier hob S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx eine wichtige theologische Einsicht hervor: „Gott ist treu, und der Bund zwischen Gott und Israel ist nicht aufgehoben.“ Diese Treue Gottes zeigt sich in der Geschichte des jüdischen Volkes, und es ist unsere Aufgabe als Christen, diese besondere Beziehung zu verstehen und zu respektieren.
Abschließend gab S. Em. Großprior Reinhard Kardinal Marx den Anwesenden mit auf den Weg, dass Christinnen und Christen nicht nur für sich selbst leben, sondern eine universale Sendung haben. „Christus ist der Bruder aller Menschen, nicht nur der Christen. Aller Menschen.“ Diese allumfassende Liebe und Solidarität sollte uns in unserem Handeln leiten, sowohl im Alltag als auch im besonderen Auftrag des Ordens.
Der Abschluss am Sonntag
In seiner Predigt zum Dankamt anlässlich der Investitur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem am 13. Oktober 2024 sprach S. E. Cfr. Erzbischof Stefan Burger über die zunehmende Spaltung und Polarisierung in der Gesellschaft sowie den schleichenden Verlust christlicher Werte. Er verwies auf die bedenkliche Entwicklung in den politischen Debatten und Wahlergebnissen in Deutschland und warnte vor den Folgen eines national-völkischen Gedankenguts. Er betonte: „Eine tragfähige Gesellschaft, die mit den Problemen der jeweiligen Zeit umgehen kann, wird nur im Miteinander, nicht im Gegeneinander aufgebaut werden können.“ Allein durch gemeinsames Handeln könne die Gesellschaft den Herausforderungen der Zeit begegnen, und es sei notwendig, sich auf das christliche Wertesystem zu besinnen.
S. E. Cfr. Erzbischof Burger hob besonders die Bedeutung der christlichen Würde des Menschen hervor und kritisierte moderne Bestrebungen, die Würde und den Wert des Lebens durch menschliche Entscheidungen wie den assistierten Suizid oder die Diskussionen um § 218 Strafgesetzbuch zu relativieren. Er stellte klar: „Der Mensch empfängt seine Würde von Gott her, der ihn als sein Abbild schuf, und nicht nach menschlicher Eigendefinition.“ Diese Würde, die der Mensch durch Gottes Schöpfungsakt erhält, sei unantastbar und dürfe nicht durch gesellschaftliche oder politische Entscheidungen infrage gestellt werden. Nur in der Angewiesenheit auf Gott könne der Mensch seiner wahren Bestimmung gerecht werden.
In Bezug auf das Evangelium des Tages sprach der Erzbischof über die Herausforderung der Nachfolge Christi, die Verzicht und Hingabe erfordere. Er betonte, dass es ohne Gottes Hilfe unmöglich sei, diese Hingabe zu leben: „Gott will an einer jeden, an einem jeden von uns das Unmögliche tun. Er will das an uns tun, was wir aus eigener Kraft nie erreichen könnten.“ Er verwies auf die Gemeinschaft des Ritterordens als ein Werkzeug, das in der zerstrittenen Welt hilft, die Liebe Gottes sichtbar zu machen, besonders in den zahlreichen sozialen Projekten des Ordens.
Er zitierte Papst Johannes Paul II., um die Bedeutung des Jerusalemkreuzes zu unterstreichen, das die Ordensmitglieder tragen: „Das Kreuz besagt: Liebe kennt keine Grenzen: Beginne mit dem Allernächsten und vergiss nicht den Fernsten!“ Dieses Kreuz, so Burger, solle in den aktuellen Konflikten im Heiligen Land und weltweit als ein Zeichen der Hoffnung und Einheit stehen. Er forderte die Mitglieder des Ritterordens auf, in ihrem Dienst an den Mitmenschen das Beispiel Christi nachzuahmen und die Liebe ohne Grenzen zu leben.
Zum Abschluss ermutigte S. E. Cfr. Erzbischof Burger die Ordensmitglieder, sich in ihrem Leben immer wieder neu auf die göttliche Weisheit auszurichten und auf das Unmögliche zu vertrauen, das Gott durch seine Liebe in der Welt wirken könne. In Anlehnung an Alfred Delp sagte er: „Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt!“
Die Investiturtage endeten mit einem Dankeswort von S.E. Statthalter Cfr. Dr. Michael Schnieders, der insbesondere die Leistung der Organisatoren und die Teilnahme aller Mitglieder würdigte. Zugleich verlieh er seiner Freude auf zahlreiches Wiedersehen in Magdeburg vom 23.-25. Mai 2025 Ausdruck.