„Wie Sie in Krisenzeiten zuversichtlich bleiben“

Vor einigen Tagen las ich diese Überschrift in einer Zeitung. Diese wenigen Worte hatten mich neugierig gemacht. Ich habe mich selber gefragt: Ja, was lässt mich zuversichtlich bleiben in dieser Zeit?

Herausforderungen

Ich erlebe große Herausforderungen. Mich macht der Krieg im Heiligen Land, der irdischen Heimat Jesu, traurig: Der brutale Überfall der Hamas auf eine Siedlung von Jüdinnen und Juden. Die kämpferischen Handlungen im Gaza-Streifen, unter denen viele Schutzlose leiden. Wie viel Tod, Trauer, Not, Hunger, Obdachlosigkeit und Ratlosigkeit es gibt. Als Damen und Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem sind wir in besonderer Weise mit den Christinnen und Christen im Heiligen Land verbunden, die unter dieser Situation leiden. Es ist schwer, Kontakte zu halten. Besuche sind nicht möglich. Mich macht diese Situation traurig.

Es gibt auch Herausforderungen in der Kirche in unserem Land, für die wir uns auf unterschiedliche Weise engagieren. Uns liegt an lebendiger Glaubensgemeinschaft – und doch können viele Zeitgenossen keinen Zugang zum christlichen Glauben gewinnen.

Unser Papst betont häufig die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung. Wir erleben, dass es (selbstgemachte) Klimaveränderungen gibt, unter der Menschen leiden. Ich frage mich: Wie ist mein Engagement? Kann ich möglicherweise andere Menschen noch stärker motivieren, bei Aktionen zugunsten der Schöpfung mitzumachen?

Zuversichtlich bleiben

Herausforderungen erleben wir viele. Zu den genannten Aspekten kommen ja noch die ganz privaten Themen: Sorge um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, Verantwortung für ältere Verwandte, die eigene Gesundheit … Was lässt mich zuversichtlich bleiben? Was sind die Quellen, aus denen ich schöpfen kann?

Eine zentrale Quelle ist das Wort Gottes.

An diesem 1. Advent hören wir im Evangelium der Eucharistiefeier das Wort Jesu: „Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe“. Den christlichen Gemeinden, für die der Evangelist Lukas schreibt, waren diese Worte vom Aufrichten und Erheben der Häupter wichtig. Sie erlebten, dass das Land von einer Fremdherrschaft besetzt war. Meinungsfreiheit gab es nicht. Die Armut war groß, persönliche Rechte gering. Es ging häufig brutal zu. Die Gemeinden feierten ihre Erlösung in der Eucharistie: Christus ist gestorben und auferstanden. Er hat uns erlöst. Die Erinnerung an die Wort Jesu gaben Zuversicht: Richtet euch auf. Der Glaube möge auch in uns die Zuversicht erhalten.

Ein zweiter Gedanke für mich ist: Die Erinnerung an Gelungenes kann Kraft geben.

Vor einigen Woche war ich mit einer Pilgergruppe in Rom. Wir bekamen eine Führung durch die Vatikanischen Gärten. Mit großer Hoffnung und Begeisterung berichtete die Reisebegleiterin vom Olivenbaum, der seit zehn Jahren an einem schönen Platz in den Vatikanischen Gärten steht.  Papst Franziskus, der damalige Präsident von Israel Shimon Peres, der Palästinenserführer Mahmud Abbas und der Ökumenischen Patriarch Bartholomaios kamen am 14. Juni 2014 zusammen, um einen kleinen Olivenbaum zu pflanzen. Die Pflanze ist ein Zeichen der Hoffnung für den Frieden im Nahen Osten. Ich empfehle den diesbezüglichen Beitrag in der letzten Ausgabe von Deus lo vult aktuell. Diese Erinnerung an den Friedenswillen hat in unserer Pilgergruppe die Zuversicht gestärkt: Es kann Frieden und Versöhnung geben.

Wie bleiben Sie in Krisenzeiten zuversichtlich?

Die Adventszeit, die wir heute beginnen, ist eine gute Gelegenheit, dieser Frage nachzugehen. Vielleicht können Sie auch als Eheleute, in der Familie, mit Freundinnen und Freunden, im Kreis von Ordensgeschwistern diese Frage besprechen. Ich hoffe und wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie dieses Nachdenken und diese Gespräche als aufrichtend wahrnehmen und erleben. Vergessen wir es bitte nicht: Wir sind erlöst – durch ihn, auf dessen Geburt wir uns in der Adventszeit vorbereiten, der für uns gelitten hat, gestorben und auferstanden ist.

Allen einen gesegneten 1. Adventssonntag.

Dr. Martin Schomaker, Domkapitular in Osnabrück

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