Text: Cfr. Regens Dirk Meyer

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Dieser Satz stammt vom großen jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber (1878-1965). Und recht hat er. Wirkliches Leben ist ohne Begegnung nicht denkbar!

Die Begegnung mit dem Anderen in seiner Andersheit weckt mich auf, ruft mich heraus und fordert mich. Daraus entstehen in mir Wachstum und Veränderung, Lebendigkeit und Frohsinn, Verständnis und Frieden.

Selbstverständlich braucht es dafür die Bereitschaft zur Begegnung auch vom Anderen, aber das habe ich nicht in der Hand. Ich aber habe die Möglichkeit und damit auch die Verantwortung, die Begegnung zu wagen.

Begegnung mit dem Anderen – ist das nicht auch der Raum, durch den Gott selbst in unser Leben kommt – Gott mit seiner Verheißung, dass den Armen endlich eine gute Nachricht zukommt; dass Gefangene entlassen werden können; dass Kranke heil werden und Zerschlagene sich aufrichten können; dass endlich Frieden und Gerechtigkeit herrscht? Menschen, die Begegnung wagen, können zu Botschaftern dieser göttlichen Verheißung werden. Sie selbst bereiten den nötigen Raum, durch den Gott unser menschliches Leben betreten kann.

Der Evangelist Lukas glaubt an diese Möglichkeit. In seiner Erzählung von der Geburt und Kindheit Jesu macht er deutlich, dass Gott kommt, wo Menschen die Begegnung wagen: mit Engeln und untereinander – so auch im Evangelium des Vierten Adventssonntags in diesem Lesejahr C. Da heißt es: „Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. (Lk 1,41-45)

Auch angesichts von Krieg und Gewalt, von Fakenews und Hasskommentaren im Netz oder eines übertriebenen Hanges zu Privatismus und Individualismus will ich an der Begegnungsfähigkeit des Menschen nicht zweifeln.

Unsere Zeit steht vor der Herausforderung, dass Begegnung unter Menschen möglich wird. Dies aber verlangt wohl, dass ich mich auf den Weg mache, einerseits, um mich mitzuteilen, und andererseits, um mich herausfordern zu lassen durch den Anderen und durch das, was auf dem Grund seiner Seele leben möchte.

Begegnung wagen und Gott Raum geben im Leben – dafür stehen Elisabeth und Maria. Dafür stehen aber auch alle, die sich für andere öffnen, sich auf sie einlassen und ihnen ihre Hilfe anbieten – als Leute wie Du und Ich im alltäglichen Leben.

OESSH Deutsche Statthalterei

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