Text: Cfr. Bischof Dr. Dominicus Meier OSB, Bischof von Osnabrück

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Als ich vor einiger Zeit mit einer Pilgergruppe Bethlehem besuchte, zeigte man uns die Felder, auf denen die Hirten ihre Herde gehütet hatten, als ihnen der Engel diese erstaunliche Nachricht eines umfassenden Friedens über­brachte.

Wir standen im Schatten der hohen wehrhaften Trennmauer, die Palästina von Israel trennt, und ich dachte an unseren Gott, der beschlossen hat, unter uns zu leben – völlig schutzlos, hilfebedürftig, wie es nur ein kleines Kind sein kann.

In diesem Moment auf den Hirtenfeldern von Betlehem wurden mir schmerzlich bewusst all die Trennmauern und Ab­sperrungen, die auch in dieser Nacht Men­schen von Menschen trennen, Mauern, die sich wie Linien durch Beziehungen und Gemeinschaften einen unheilsamen Weg bahnen.

Der Lobgesang der Engel der Hl. Nacht bleibt auch 2024 verheißungsvoll und geheimnis­voll:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Seitdem diese göttliche Hymne des Friedens erklungen ist, leidet der Friede in unserer Welt Not. In vielen Ländern wird die Weihnachts­geschichte vor dem Hinter­grund von Gewalt, Entrechtung und Machtmissbrauch erzählt. Und in die Bilder des Schreckens klingt es auch in diesem Jahr von nah und fern:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Gerade an Weihnachten wird mir am intensivsten bewusst, dass der Friede ein Geschenk Gottes ist und dass es zuerst darauf ankommt, dieses anzunehmen. Wer an Weihnachten zu dem Kind in der Krippe sich hin-wendet, der wird zu einer echten Um­kehr ge­rufen: anhalten, sich umkehren und neu wahrnehmen.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Wenn wir Weihnachten feiern, bringt Gott in uns den Frieden des Herzens zur Welt. Gott wird nicht müde, für sein Geschenk des Friedens zu werben. Gott wird nicht müde, das Herz eines jeden Menschen anzusprechen und zu verwan­deln. Gott wird nicht müde, in unserem Herzen den Geburtsort Betlehem nach­zubilden.

So feiern wir heute einen Gott, der uns nahekommt. Das Evangelium der Hl. Nacht erzählt auf welch unerwartete, überraschende Weise Gott mit dem Menschen umgeht. Er kommt im Kind Jesus von Nazareth und er bittet wieder jeden von uns, sich an sei­nem Friedenswerk zu beteiligen. Selbst in dunklen Stunden wird die mit Weih­nachten verbundene Verheißung in den Herzen der Menschen geboren, wird sie zur Ermutigung, ausdauernd für Frieden einzutreten, wo er bedroht ist.

Wagen wir es, im Kind in der Krippe die Gegenwart Gottes wieder neu zu er­kennen. Kehren wir uns diesem Kind zu und nehmen wir seinen Frieden an und mit ihm die Hoffnung auf Frieden für die unsere Familien und Gemeinschaften, Frieden für die ganze Welt.

Das Kind in der Krippe zeigt uns die rettende und achtsame Liebe Gottes. Wenn wir aus diesem buchstäblichen Augen-Blick der Liebe Gottes leben und handeln, dann leben und handeln wir nicht von Eigennutz geprägt, nicht nach unseren Vorstellungen, wie etwas sein sollte, sondern von heilsamer Zuwen­dung gegenüber allem, was lebt.

Wenn wir diesen Augen-Blick der Liebe Gottes nachleben, setzen wir Zeichen des Friedens und der Versöhnung in einer unversöhnten Welt.

Wenn wir diesen Augen-Blick der Liebe Gottes nachleben, wird Gott durch uns sichtbar und erfahrbar, wird Gott in uns geboren.

Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsche Ihnen und den Menschen, die Ihnen nahestehen, den Mut, den friedvollen Augen-Blick Gottes anzunehmen.

Ich wünsche Ihnen die er­mutigende Kraft der Liebe Gottes, der Sie anschaut und annimmt.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

(c) oessh.net / Getty Images | Maja Hitij
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