In der Fastenzeit (04.–06. April 2025) hatten sich 35 Ordensmitglieder und Gäste aus den Komtureien Baden-Baden, Freiburg, Heidelberg-Mannheim, Ravensburg, Stuttgart und Walldürn zum Einkehrwochenende der Ordensprovinz Südwestdeutschland im Bildungshaus des Klosters Ottobeuren eingefunden, um sich mit der Ordensregel des Heiligen Benedikt auseinanderzusetzen.
„Der Abt soll auch wissen: Wer es auf sich nimmt, Menschen zu führen, soll sich vorbereiten, dafür Rechenschaft abzulegen“ (Benediktsregel, Kapitel 2,37). Insbesondere der Themenkreis „Leitungskompetenz/Führung“ sollte näher beleuchtet werden. Landläufig werde die Ordensregel als Handbuch für klösterliches Leben von Mönchen und Nonnen gesehen, wie der Präsident der Ordensprovinz, Cfr. Dr. Peter Müller, bei der Begrüßung anmerkte. Seit Jahrhunderten lassen sich jedoch auch Laien von ihr leiten. Persönliche Lebensgestaltung, Konfliktmanagement, Schöpfungsverantwortung – all das seien Fragen, auf die Benedikt Antwort gebe.
Der Ordensgründer zog um das Jahr 529 mit einigen Gefährten auf den Monte Cassino und schuf in der Folge eine Ordnung für das Zusammenleben der Mönche. Die Kenntnis bestehender Regeln – teils das Werk unbekannter Mönche – sowie die im Klosterleben gewonnene Erfahrung und Weisheit lagen dem zugrunde, allem voran jedoch die Heilige Schrift.

Aufruf zum Hören
Die Gedanken Benedikts erläuterte der Referent und Prior der Ordensprovinz, Cfr. P. Winfried Schwab OSB, anhand ausgewählter Texte aus der Ordensregel. Zentrale Bedeutung habe der Aufruf zum Hören: „Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat“ (Prolog, 1)! Wer höre heute noch zu? Wer nehme sich die Zeit, wer schenke die Aufmerksamkeit?
Gehorsam meine benediktinisch nicht Kadavergehorsam im Sinne des Befolgens unsinniger Anordnungen, sondern das Hören auf Obere, um durch ihr Wort den Willen Gottes besser erkennen und verstehen zu können. So verstanden herrsche ein Abt nicht, sondern leite. Dem sei eben auch der Beistand „von oben“ versprochen – und der mache es möglich. Das Kloster sei als „Schule des geistlichen Lebens“ zu verstehen. So solle man nicht nur auf den Lehrer, sprich Abt, hören, sondern auch auf die Mitschüler. „Die Mönche sollen einander in gegenseitiger Achtung entgegenkommen.“ Keiner solle auf das eigene Wohl achten, sondern auf das des anderen.
Der Rat der Brüder
Der Abt dürfe nur lehren und bestimmen, was der Weisung des Herrn entspreche. Die Verantwortung, was im Kloster getan oder nicht getan werde, treffe ihn. Dieselbe Ordnung solle für alle gelten; keiner der Mitbrüder dürfe benachteiligt werden. Vom einen könne er mehr, vom anderen weniger verlangen. Stehe Wichtiges an, solle er den Rat der Brüder anhören, bei weniger wichtigen Angelegenheiten lediglich den der Älteren.
Cfr. Müller merkte an, dieses Vorgehen beschleunige Problemlösungen und ermögliche eine optimale Amtsführung. Benedikt stelle sich selbst nie in den Mittelpunkt; er weise in seinen Handlungen und Werken immer auf einen viel Größeren hin: Jesus von Nazareth. Man könne den Ordensgründer durchaus auch als einen Pionier des modernen Managements betrachten. Er habe mehrere mögliche Formen des Zusammenarbeitens erprobt, erforscht und aufgrund der gewonnenen Erfahrungen weiterentwickelt. Er könne auch als Pionier der praktischen Führungsarbeit bezeichnet werden, weil er sein Führungsmodell nicht nur selbst konsequent angewendet und weiterentwickelt, sondern seine Erfahrungen auch detailliert aufgeschrieben und damit der Nachwelt zugänglich gemacht habe.
Jesuitische Führung
„Omnia ad maiorem Dei gloriam“ – alles zur größeren Ehre Gottes – darauf sei das Wirken der Societas Jesu ausgerichtet. Deren Ordensangehörige, so Cfr. Müller in seinem Vortrag, stünden weltweit im Einsatz, folgten keinen festen Gebetszeiten, lebten außerhalb von Klöstern – vor allem in der Stadt – und trügen keine Ordenstracht. Bereits am Anfang des 17. Jahrhunderts hätten Missionare des Ordens den Weg nach China genommen. Sie lernten, sich an eine fremde Kultur anzupassen – selbst an das äußere Erscheinungsbild, nachzuweisen an einer Abbildung des Missionars Adam Schall SJ in mandarinischer Tracht.
Jesuitische Führung baue auf Kenntnis und Verständnis der eigenen und fremden Stärken, Schwächen, Werte und Weltanschauungen, auf der Ausbildung zu konsequenter Innovation und Anpassung an Veränderungen, auf eine positive und durch Liebe getragene Haltung zu sich selbst und anderen sowie auf die Selbst- und Fremdmotivation durch große Ziele.
Mit den Worten von Psalm 91,11 „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen“ war das von Cfr. Franz Lang, Geistlicher Zeremoniar der Ordensprovinz, gestaltete Abendlob überschrieben. Er bestärkte uns im Vertrauen auf den Schutz und die Begleitung Gottes auf allen unseren Wegen. Das Liebesgebot (Joh 13,34–35) wurde von ihm beim folgenden Abendlob am Samstag anhand einer seltenen Darstellung, die Christus in einem umarmenden Gestus zeigt, ebenso einfühlsam verdeutlicht.
Die Teilnahme am Gemeindegottesdienst, zelebriert vom Prior und Leitenden Pfarrer der Ortsgemeinde in der prachtvollen Basilika St. Alexander und Theodor, stand am Ende des Einkehrwochenendes. Der Präsident dankte P. Winfried für seinen großen Einsatz – auch für die kompetente Führung in der Barockkirche und durch das Museum „seines“ Klosters, in dem Mönche seit der Gründung im Jahr 764 ohne Unterbrechung bis heute ihr Leben an der Benediktsregel orientieren.
