Welche geistlichen Impulse für das Heilige Land erhoffen Sie sich vom Pontifikat des neuen Heiligen Vaters Leo XIV.?

Das Pontifikat Seiner Heiligkeit Leo XIV. beginnt mit einem eindringlichen Appell an den Frieden, das Zuhören und die Gemeinschaft. Diese Haltung inspiriert uns als Orden, bestärkt uns in unserem Einsatz für das Heilige Land und schenkt uns Vertrauen, dass Frieden – trotz allem – in Gerechtigkeit möglich ist. Die Rolle des Ordens wird nach dem Ende der Gewalt vor allem darin bestehen, den Dialog wiederzubeleben, insbesondere unter den jungen Generationen – durch Schulen, Bildungsangebote und pastorale Aktivitäten. Das wird nicht leicht sein: Es braucht große Anstrengungen, um echte Geschwisterlichkeit an Orte zurückzubringen, die von Gewalt geprägt sind. Doch gerade durch seinen unpolitischen Charakter kann der Orden des Heiligen Grabes ein Instrument zur „Wiederherstellung“ der Seelen sein – ein Unterfangen, das vielleicht noch wichtiger ist als der Wiederaufbau zerstörter Städte.

Wie sehen Sie die Zukunft der christlichen Gemeinschaften im Heiligen Land aus der besonderen Perspektive unseres Ordens?

Die Aufgabe, die Papst Pius IX. dem neu begründeten Orden anvertraute – und die alle nachfolgenden Päpste bestätigten –, ist es, die christliche Präsenz in dem Land zu unterstützen, in dem unser Glaube geboren wurde. Die Zukunft dieser Gemeinschaften ist daher für uns von zentraler Bedeutung. Unsere Unterstützung muss geistlich – durch anhaltendes Gebet – ebenso wie materiell sein: ein dauerhaftes, nicht episodisches Engagement, das Zeugnis gibt von einer beständigen und fürsorglichen Liebe. Durch Bildung, pastorale Betreuung und humanitäre Hilfe wollen wir Zuversicht schenken und Räume der Hoffnung schaffen.

Wie sehen Sie die Rolle der weltweiten Statthaltereien in der geistlichen Mitverantwortung für das Heilige Land?

Die Statthaltereien sind das lebendige Netzwerk unseres Ordens. Jede von ihnen trägt auf ihre eigene Weise – im Einklang mit dem Großmeisteramt – zur spirituellen und solidarischen Unterstützung der christlichen Präsenz im Heiligen Land bei. Dabei verfügen die Statthaltereien über eine gewisse Handlungsfreiheit, auch in Respekt vor lokalen Traditionen – etwa in der Entwicklung der Mitglieder oder bei der Sammlung von Ressourcen. Wichtig ist aber auch die zentrale Koordination durch das Großmeisteramt, um der gemeinsamen Gebetspraxis eine geistliche Geschwisterlichkeit zu verleihen, eine einheitliche Gestaltung der Rituale und Zeremonien zu sichern und gemeinsam mit dem Lateinischen Patriarchat die wirklichen Prioritäten unserer Hilfe festzulegen.

Wie können wir – Damen und Ritter, unabhängig von Rang und Funktion – unsere Mission im Geist des Heiligen Grabes im Alltag bezeugen?

Ich bin mehr denn je überzeugt von der Bedeutung des Dialogs und des Zuhörens. Unsere Mission als Ordensgeschwister verpflichtet uns, anderen mit Achtsamkeit, Respekt und Offenheit im Geist des Evangeliums zu begegnen. Genau dies scheint mir die Botschaft des Appells von Papst Leo XIV. zu sein: Brücken zu bauen, Verantwortung zu übernehmen und im ständigen Dialog als Gemeinschaft zu leben. Ich messe sowohl dem vertikalen Dialog zwischen den Statthaltereien und dem Großmeisteramt als auch dem horizontalen Austausch unter den Statthaltereien große Bedeutung bei – durch die Weitergabe von Erfahrungen wird das Gefühl der Geschwisterlichkeit gestärkt. Darüber hinaus endet unsere Entwicklung nicht mit dem Eintritt in den Orden, sondern muss im Laufe der Jahre weitergeführt, vertieft und gestärkt werden. Dafür stehen uns heute fünf zentrale Texte zur Verfügung: die Satzung, die Allgemeine Ordnung, die Riten der Zeremonien, das Buch über die Spiritualität des Kardinal-Großmeisters und das Dokument zur Entwicklung.

In welchen Bereichen sehen Sie derzeit einen besonderen Bedarf an geistlicher oder pastoraler Unterstützung für unsere Brüder und Schwestern im Heiligen Land?

Gerade in Zeiten großer Not, Unsicherheit und menschlichen Leids ist es unsere Pflicht, das Lateinische Patriarchat von Jerusalem mit allen verfügbaren Kräften zu unterstützen. Unsere Solidarität darf sich nicht auf Worte beschränken – sie muss durch konkrete Hilfe sichtbar werden. Der Patriarch vor Ort, der das Leid der aktuellen Tragödie teilt, kann uns besser als jeder andere sagen, worin die Prioritäten unseres Handelns bestehen sollten. Derzeit liegt der Fokus auf der humanitären und pastoralen Hilfe. Das Großmeisteramt steht in ständigem Austausch mit dem Lateinischen Patriarchat und legt jährlich die Unterstützungsschwerpunkte fest, um einen kontinuierlichen Ressourcenfluss zu sichern. Die Großzügigkeit der Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab wächst von Jahr zu Jahr – ein lebendiges, konkretes Zeugnis der Liebe zu dem Land, in dem unser Herr geboren wurde, gelebt hat, gestorben ist und auferstanden ist.

OESSH - Deutsche Statthalterei

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