Einkehrtag der westfälischen Komtureien in Münster
Am 18. November 2023 trafen sich die vier westfälischen Komtureien mit nahezu 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu ihrem Einkehrtag in der Akademie Franz-Hitze-Haus des Bistums Münster. Als Thema hatte der Leitende Komtur der Komturei St. Ludgerus Münster, Dr. Peter Kleine-Katthöfer, das erste Apostelkonzil in Jerusalem mit seinen Folgen bis in die Gegenwart gewählt und als sachkompetenter Referent für die geistliche Fortbildung der Ordensgeschwister wurde Prof. Dr. theol. Thomas Söding aus Münster eingeladen.
Es gibt nur einen Gott – den aber für alle
Der Konflikt zwischen Judenchristen aus dem Lager der Apostel Jakobus und Petrus sowie den Heidenchristen aus dem Lager des Apostel Paulus stand am Anfang der Kirche. Der Wille zum unbedingten Zusammenhalt einigte jedoch die junge Gemeinde.
Prof. Söding begann mit der Visualisierung des ersten Apostelkonzils im Medium des Bildes. Bereits mit der Einleitung wurde dem Auditorium klar, dass das Apostelkonzil durch die Jahrtausende mit unterschiedlichen Interpretationen rezipiert wurde. Um der Suche nach Authentizität des Ereignisses auf die Spur zu kommen, wandte sich Söding geschickt den biblischen Quellen zu, die über das Konzil berichten. Zur Kontextualisierung erläuterte Prof. Söding die Situation der ersten Gefolgsleute Christi in Jerusalem und Antiochien in der Zeit um 40 n. Chr.. Die Jerusalemer Gemeinde setzte sich nach Söding aus Christusgläubigen Hebräisch orientierten Juden zusammen, die Gemeinde in der römischen Provinzhauptstadt und Metropole Antiochien bestand aus einem Sammelbecken von vertriebenen Juden aus Jerusalem, griechisch assimilierten Juden und hellenistischen Heiden. Der Apostel Paulus kämpfte „aufgrund einer Offenbarung“ (Gal 2,1) leidenschaftlich um die Gleichberechtigung der Heidenchristen mit den Judenchristen. Als Ergebnis des Disputes wurde den Heidenchristen keine gesetzlichen Auflagen gemacht. In der Rückschau schuf das erste Apostelkonzil so die historische Weichenstellung zur Evangelisierung aller Völker.
In der anschließenden Podiumsdiskussion äußerte sich Prof. Söding über die vermutete Anwesenheit von Frauen in der Konzilsversammlung und klärte das Auditorium am Beispiel der Empfehlung der Phöbe, als Dienerin der Gemeinde, durch Paulus (Röm 16,1) über das Generische Maskulinum der antiken Welt auf.
Zeitzeugen einer katholischen Verfassungsreform?
Der Nachmittag des Einkehrtages war der innerkirchlichen Konfliktbewältigung durch Kommunikation, Reflexion und Organisation in der Gegenwart gewidmet. Prof. Dr. Söding gab eine Zusammenstellung der gesamtkirchlichen Ereignisse seit 2018. Er beschrieb anschaulich die gegenwärtigen Unruhen in der Weltkirche, denen ein grundsätzlicher Zweifel an der alleinigen Lösungskompetenz durch den Klerus gemein sind und die lautstark das Bedürfnis nach mehr Partizipation der Gläubigen formulieren. Diese Problematik trat auf dem Treffen der Weltsynode im Oktober 2023 im Vatikan eklatant zu Tage. Aus der gesamtkirchlichen Situation heraus bildeten sich für Prof. Dr. Söding wahrnehmbar drei Bewältigungsstrategien:
zunächst suchte der australische Kontinent den Ausweg in einem Plenarkonzil oder Nationalkonzil, in dem sich gemäß dem Kirchenrecht die Bischöfe trafen. Die zweite Lösungsstrategie entwickelte sich auf dem argentinischen Kontinent. Hier wurden gemäß dem geltenden Kirchenrecht kollegiale Leitungsorgane implementiert, die stark mit Ordensleuten besetzt sind. Der dritte Lösungsansatz wurde in Deutschland ausgehend von der Vorstellung der MHG-Studie mit dem Synodalen Weg, abseits des geltenden Kirchenrechts, beschritten. Mit der geplanten Einsetzung eines Synodalen Rates im Jahr 2026 meint die quantitative Mehrheit der Deutschen Bischöfe gemeinsam mit der Laienvertretung des ZDK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken) eine Gesetzeslücke im Kirchenrecht zu schließen und durch konkrete Handreichungen die kirchlichen Strukturen in Deutschland und das respektvolle Miteinander zu reformieren.
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Einkehrtages war die spannende Erfahrung Zeitzeuge und zugleich aktiver Gestalter historischer Weichenstellungen zu sein ein ungemein bereicherndes Erlebnis. Für dieses Erleben fand Cfr. Dechant Jörg Hagemann zusammenfassend in seiner Predigt als Zelebrant der sich anschließenden Eucharistiefeier aus dem Tagesevangelium (Mt 25,14-30) heraus die richtigen Worte, in dem er von der Gemeinde einforderte, eine mutige Kirche zu werden.