Der rührselige Film „Der kleine Lord“ gehört für viele zum vorweihnachtlichen „Programm“. In diesem Film gibt es eine Szene, in der die Mutter des kleinen Lord zur Kirche geht. Dort begegnet ihr eine alte Frau aus dem Dorf. Diese knickst tief und sagt: „Möge Gott sie beschützen“. Die Mutter des kleinen Lord erwidert: „Es besteht kein Grund, vor mir zu knicksen, Madame. Für den Segen aber danke ich von Herzen“.
Diese kleine Szene aus dem Film mag eine Anregung sein, über einige Fragen in der Adventszeit nachzudenken:
Was bedeutet es mir, von Gott gesegnet zu sein?
Bei der Taufe wird dem Taufbewerber ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet. Unsere Gebete beginnen wir mit dem Kreuzzeichen und dem Segensgebet „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Am Abschluss des Gebetes und am Ende der Gottesdienste erbitten wir den Segen Gottes. Immer wieder bitten wir darum: Gott möge uns beschützen.
In unserem Ordensgebetbuch auf Seite 11 ist das Segensgebet der Ordensinsignien abgedruckt, das uns durch diesen Advent begleiten möge: „Höre, Herr, unsere Gebete und segne diese Zeichen unseres Ordens. Segne deine Diener und Dienerinnen, die sie tragen werden. Stärke ihren Glauben, festige ihre Hoffnung und mehre ihre Liebe. Gib, dass sie deinen Willen erkennen und danach leben. Schenke ihnen Kraft, ihren Glauben überzeugt zu bekennen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“
Welche Menschen sind für mich ein Segen?
An unserem Lebensweg standen und stehen viele Menschen, von denen wir sagen dürfen: Sie haben mich beschützt oder beschützen mich; sie waren oder sind für mich ein Segen. Im Film knickst die Frau aus dem Dorf aus Dankbarkeit tief und spricht den Segenswunsch. Im Gebet kann ich die Namen der Menschen, die an meinen Lebensweg gestanden haben und stehen, vor Gott bringen. Im Gespräch mit diesen Menschen, kann ich mich bedanken. Schließlich bedeutet das lateinische Wort benedicere: segnen und „gutsagen“ / danken. Für die junge Kirche war Paulus ein Segen. Er spricht der Gemeinde in Korinth den Segen Gottes zu: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“. Und unmittelbar nach dieser Segenszusage des ersten Briefes an die Gemeinde in Korinth lobt Paulus die Gemeinde und spricht gut über sie: „Ich danke meinem Gott jederzeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt wurde, dass ihr an allem reich geworden seid in ihm, an aller Rede und aller Erkenntnis.“ (1 Kor 1,3-5)
Für wen bin ich ein Segen?
Wohl alle von uns werden an Menschen denken, für die sie selber ein Segen sind, denen wir in Liebe und Sorge verbunden sind, die auf unser Gebet hoffen, die von uns auch materielle Hilfe erfahren. Neben den Menschen in unseren Familien, in unseren Freundeskreisen und Netzwerken gehören auch die Menschen im Heiligen Land. Das Heilige Land wird erschüttert von einem Krieg, der viel Leid und Not den Menschen bringt. In unserem Gotteslob steht ein jüdisches Friedensgebet (Nummer 20,5), auf das ich empfehlend hinweisen möchte.
Der Film „Der kleine Lord“ ist wohl deshalb so beliebt, weil es dem kleinen Lord ohne Anstrengung gelingt, die Hartherzigkeit seines Großvaters aufzubrechen. Der kleine Lord ist herzlich, unbekümmert, offen und liebevoll.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie in der Advents- und Weihnachtszeit Begegnungen mit Menschen haben, die wie der kleine Lord zu Ihnen sind: herzlich, unbekümmert, offen und liebevoll. Und ich wünsche allen, dass Sie mit Ihrer Herzlichkeit und Liebe die Herzen anderer Menschen erwärmen.
Cfr. Dr. Martin Schomaker, Domkapitular in Osnabrück