Die deutsche Stimme von Radio Vatikan

Einblick hinter die Mauern des Vatikans

Über 40 Mitglieder und Gäste der Komturei Caritas Pirckheimer Nürnberg trafen sich zu einem lang in Erinnerung bleibenden Komtureiabend. Nach einer Heiligen Messe in der Kapelle des Caritas-Pirckheimer Hauses begrüßte der Leitende Komtur Cfr. Dr. med. Christian Möllenhoff den vortragenden Jesuiten, Pater Eberhard Freiherr v. Gemmingen-Hornberg, SJ.

(c) oessh.net / Cfr. Dr. Oliver Cerza

Pater von Gemmingen gewährte in seinem Vortrag einen seltenen Einblick in die Arbeit bei Radio Vatikan, einem Medium, das für viele ein Mysterium darstellt. Trotz seiner Bekanntheit arbeitet der Sender seit rund einem Jahrhundert im „Geheimen“ und erreicht dennoch eine beachtliche Zuhörerschaft, besonders in Deutschland. Das Wort „Geheim“ ist in diesem Zusammenhang ironisch gemeint, denn nur wenige hören den Sender in Deutschland regelmäßig.

Die Entstehungsgeschichte und die Rolle von Radio Vatikan

Als Papst Pius XI. vor fast 100 Jahren, am 12. Februar 1931, den päpstlichen Sender gründen ließ, hatte er vermutlich kaum eine Vorstellung davon, was aus solch einer technischen Neuerung werden würde. Der 1922 zum Papst geweihte Achille Ratti war wissenschaftlich sehr interessiert und hatte erlebt, wie sein italienischer Landsmann Graf Giulio Marconi die Übertragung von Signalen und Sprache über große Strecken per Funk erprobt hatte. Dem aus Bologna stammenden Privatgelehrten war es gelungen, eine drahtlose Verbindung nicht nur von der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo nach Rom, also etwa 30 Kilometer, herzustellen, sondern sogar von Irland nach Amerika. Marconi ging zunächst davon aus, dass durch die Radiowellen nur eine Person einer anderen über große Entfernungen Informationen zukommen lassen konnte, also eine Kommunikation von Punkt zu Punkt, doch als damit auch Rundfunkausstrahlungen möglich wurden, faszinierte diese neue Technik auch den Papst. Papst Pius XI. beauftragte den Jesuitenorden, um die Botschaften des Papstes zu verbreiten. Der eiserne Vorhang und Josef Stalin trugen zur Bekanntheit des Senders bei, denn es war eines der wenigen westlichen Medien, die auch Dank der Mittelwelle hinter dem Eisernen Vorhang empfangen werden konnten.

Einblicke in die Pontifikate verschiedener Päpste

Pater von Gemmingen reflektierte über die Bedeutung der Herkunft in den Pontifikaten von Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus. „Jeder Papst prägte bzw. prägt die Kirche auf seine eigene Art, angepasst an seine Herkunft und Zeit“, so Pater von Gemmingen.

Papst Johannes Paull II. trug zum Zusammenbruch des Kommunismus bei. Pater von Gemmingen erinnerte sich an ein Zitat, in dem es hieß „Haltet durch“. Auch wenn man Papst Johannes Paul II. im säkularisierten Westen eher als konservativ ansah, so fürchtete man im vom Kommunismus dominierten Osten seine Auftritte.

Papst Benedikt XVI. hingegen war ein großer Theologe, jedoch kein Regent. „Glaube und Vernunft waren für Benedikt zentral“, so Pater von Gemmingen.

Papst Franziskus hingegen ist durch seine südamerikanische Herkunft geprägt: Empathisch, aber auch emotional. Pater von Gemmingen betonte: „Gerade Papst Franziskus hat mehr Personal- und Strukturänderungen umgesetzt als viele seiner Vorgänger zusammen. Die Glaubensverbreitung ist nun das wichtigste Ansinnen.“ Dies sei elementar, denn man müsse sich die vatikanische Organisationsstruktur wie konzentrische Kreise vorstellen. Im Inneren der Papst, dann die Dikasterien und dann nach außen gehend, immer weniger zentrale Einheiten.

Herausforderungen und Errungenschaften

Die Herausforderungen bei Interviewanfragen und die Veränderungen im Vatikan unter verschiedenen Pontifikaten wurden diskutiert. Nach der Wahl Joseph Kardinal Ratzingers zum Papst Benedikt XVI. führte er das erste persönliche Interview mit dem neuen Papst. Der ehemalige Leiter des vatikanischen Presseamtes entschied, dass die deutschsprachigen Interviewanfragen über Radio Vatikan gebündelt werden sollen. „Da standen wir plötzlich im Rampenlicht“.

Besonders betont wurde die Rolle von Radio Vatikan in der heutigen Zeit, insbesondere für Afrika. Pater von Gemmingen sei bewusst, dass die Mittelwelle heutzutage nicht mehr modern sei, jedoch sei dies der Grundstock des Erfolges in Afrika.

Reflexionen und Ausblick

Mit einer gewissen Selbstironie führte Pater von Gemmingen an: „Der Vatikan ist nicht so dumm, wie manche glauben, aber auch nicht so klug, wie ich es mir manchmal wünschen würde.“ Ein Beispiel, so Pater von Gemmingen – „Radio Vatikan war die erste Suchmaschine. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg suchte man vermisste Angehörige über uns.“

Abschließend betonte Pater von Gemmingen, dass ein Papst nicht allein an seiner Effizienz gemessen werden sollte und dass die Arbeit bei Radio Vatikan zwar nicht immer einfach sei, aber stets erfüllend. Kritik sei stets willkommen und werde ernst genommen.

Zum Schluss

Es war ein kurzweiliger, ungewöhnlicher und Eindruck hinterlassender Komtureiabend. Viele Fragen wurden beantwortet und anschließend noch lange diskutiert.

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