Abt Nikodemus Schnabel besucht die Hamburger Komturei

Auf Einladung der Komturei St. Ansgar war Cfr. Nikodemus Schnabel, Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem und des Priorats Tabgha am See Gennesaret, am 14. Juni 2024 zu einem Austausch über die aktuelle Situation im Heiligen Land in Hamburg. Der Besuch begann mit einer gemeinsamen Heiligen Messe in der St. Ansgar-Kapelle, bei der Abt Nikodemus die Predigt hielt.

Glaube im rechten Maß

In seiner Predigt bezog sich Abt Nikodemus auf die Lesung aus dem 1. Buch der Könige und thematisierte die Gottsuche Elíjas am Berg Horeb und die Suche nach dem rechten Maß. Der Abt schlug dabei die Brücke zur Regel des Heiligen Benedikt, die einem Weg gleiche, der von zwei Gräben gesäumt sei. Die Gräben symbolisierten das Zuviel und das Zuwenig und könnten Leitplanken unseres Glaubens sein. Er warnte einerseits vor einer trägen Indifferenz und andererseits vor einem Übereifer und dem zu Schrillen: „Nicht wir erlösen die Welt, Gott erlöst sie. Wir müssen uns auf den leisen Gott ausrichten, damit wir nicht in einen der Straßengräben fallen.“

Vertrauen in Gebet und Menschlichkeit

Im anschließenden Gespräch stellte Abt Nikodemus mit Blick auf die komplexe aktuelle Lage im Heiligen Land klar: „Die Position der Christen im Heiligen Land, vor allem auch des Lateinischen Patriarchen ist weder pro Israel noch pro Palästina, sondern pro Mensch.“ Die Ereignisse vom und nach dem 7. Oktober seien auch eine absolute Katastrophe für die Kirche gewesen, da die Hamas auch 4 Katholiken aus den Philippinen in Israel ermordet habe, während – Stand 14. Juni – 36 palästinensische Glaubensgeschwister direkt oder indirekt durch die israelische Armee getötet worden seien. Nach einer möglichen Lösung des Konflikts gefragt, zeigte sich Abt Nikodemus hoffnungsvoll trotz der verbreiteten Hoffnungslosigkeit: „Aktuell bleibt uns nichts anderes, als zum einen immer wieder auf die klare Botschaft der heiligen Schriften hinzuweisen, welche den Menschen als Ebenbild oder als Nachfolger Gottes wunderschön in seiner unantastbaren Würde vorstellt und zum anderen auf die Kraft des Gebets zu vertrauen.“

Dormitio-Abtei und Tabgha: Zwischen Hoffnung und Not

Abt Nikodemus berichtete auch von der Situation in der Dormitio-Abtei und im Priorat Tabgha: Geistlich gehe es den Mönchen an den beiden Orten gut, da jeder seiner Mitbrüder durch sein bewusstes Nicht-Befolgen der Ausreiseaufforderung der europäischen Staaten und sein Bekenntnis zum Bleiben quasi seine Profess erneuert habe. Seit dem 7. Oktober waren beide Klöster durchgehend geöffnet, was eine absolute Ausnahme sei, da der Tourismus und der Pilgerbetrieb völlig zusammengebrochen sei. Wenn früher an guten Tagen in Tabgha bis zu 5000 Pilger gekommen seien, seien jetzt 50 an einem Tag der Monatsrekord.

(c) oessh.net / Cfr. Prof. Tim Goydke

Er schilderte, wie seine beiden Klöster zu Oasen der Hoffnung inmitten von Leid und Ungewissheit geworden seien: Da in den ersten Wochen des Krieges alle Theater, Kinos und Restaurants geschlossen waren und das kulturelle Leben quasi zum Erliegen gekommen sei, habe die Abtei begonnen, Konzerte und Ausstellungen zu veranstalten. „Die Kirche war rammelvoll. Es waren alle da. Jerusalem war da. Wir sind ganz bewusst da“, unterstrich Nikodemus.  Im Zentrum beider Klöster stehe seit dem 7. Oktober natürlich die Seelsorge und das öffentliche Gebet – so haben die Mönche der Dormitio zusammen mit den Studierenden des Theologischen Studienjahrs am 17. Oktober 24 Stunden im Gebet in der Kirche ausgeharrt und dabei alle 150 Psalmen gebetet – und die gelebte Gastfreundschaft – so wurde in Tabgha mehrere Wochen lang ein komplettes Dorf jüdischer behinderter Menschen und ihre Betreuer aus der Nähe des Gaza-Streifens aufgenommen.

Wirtschaftlich sei die Situation allerdings katastrophal. Um in normalen Zeiten den Pilgerströmen gerecht zu werden, beschäftigt Abt Nikodemus 30 lokale Mitarbeiter an den beiden ihm anvertrauten Pilgerorten. Seine Mönche haben entschieden, bislang keinen Mitarbeiter zu entlassen. Zurzeit gehen Abt Nikodemus und seine Mitbrüder an ihre Altersvorsorge, die aber nicht mehr lange reiche.

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