Text: Cfr. Jochen Spieß

Am 14. September 2025 trafen sich Mitglieder der Komturei St. Georg Ravensburg in Wiblingen und feierten das Fest der Erhöhung des Heiligen Kreuzes. Der Tag hat seinen Ursprung in der Auffindung des Kreuzes Christi in Jerusalem durch die Heilige Helena, die Mutter von Kaiser Konstantin dem Großen, der dort im Jahr 335 die Grabeskirche errichten ließ. Auch im Kloster Wiblingen wird bis heute eine Heilig-Kreuz-Reliquie bewahrt.

Nach der Reiterprozession mit über 30 Pferden und deren Segnung sowie dem feierlichen Einzug begrüßte unser Cfr. Dekan Ulrich Kloos in der Basilika St. Martin herzlich die zahlreichen Gottesdienstbesucher. Mit einem besonderen Willkommensgruß empfing er den Zelebranten des Gottesdienstes, Cfr. Dr. Nikodemus Schnabel, Benediktinerabt der Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg in Jerusalem und von Tabgha am See Genezareth. Cfr. Ulrich Kloos betonte, dass auch das Kloster Wiblingen seit seiner Gründung im Jahr 1093 bis zum Jahr 1806 Benediktinerabtei war und von Beginn an über einen Partikel des Heiligen Kreuzes verfügte. Jerusalem, so unterstrich Cfr. Ulrich Kloos, sei sein Sehnsuchtsort.

Ein Stück Jerusalem

Cfr. Dr. Nikodemus Schnabel hob in seiner Begrüßung hervor, dass er gerne gekommen sei, um in Wiblingen das Heilig-Kreuz-Fest zu feiern. Es sei sein Lieblingsfest, und er feiere es zum ersten Mal nicht mit seinen Brüdern. Der hiesige Kreuzpartikel bedeute ihm ein Stück Jerusalem. Cfr. Nikodemus Schnabel erinnerte daran, dass am gleichen 14. September Papst Leo XIV. seinen 70. Geburtstag feiert. Darauf lud er alle Besucher ein, den Gottesdienst mit offenem Herzen zu feiern.

(c) oessh.net / Cfr. Jochen Spieß

Nach den beiden Lesungen und dem Evangelium begann Cfr. Nikodemus Schnabel seine Predigt mit einem Bericht aus dem Heiligen Land: Die Menschen – gleich welcher Herkunft oder welchen Glaubens – befinden sich wegen physischer und psychischer Verwundungen in einem Ozean voller Leid. Tröstlich empfindet er deshalb das Kreuz, das auch über der Mitte des Altarraums in St. Martin schwebt, verbunden mit dem Philipperhymnus der zweiten Lesung des Tages: Es zeigt den Mächtigen, dass Jesus im Mittelpunkt steht. „Jesus hatte einst den Zynismus des damals mächtigen Herrschers Pilatus zu ertragen; heute kommt der Zynismus von den Mächtigen beider Kriegsparteien im Gazakonflikt.“

Das Kreuz Christi

Cfr. Nikodemus Schnabel richtete den Blick der anwesenden Gläubigen gleich dreifach auf das Kreuz: „Zuallererst der Blick auf das Kreuz Christi, das wir anbeten: Jesus nahm sein Kreuz an.“ Seine Mönche und viele Glaubensgeschwister verlassen das Heilige Land nicht und nehmen im Glauben ihre Aufgabe an: Die Benediktiner bleiben in Jerusalem und in Tabgha mit geöffneten Toren für alle – und leider auch zu oft im Luftschutzbunker. Wenn nötig, wird dort auch die Heilige Messe gefeiert. Am 7. Oktober 2023 kam es mit dem Überfall der Hamas zu grausamen Angriffen, bei denen auch viele Unbeteiligte und Nichtjuden ihr Leben verloren. Auch sie bleiben – sei es im Gazastreifen oder sonst im Heiligen Land – als Hilfe für kranke und behinderte Menschen. „Jesus blieb einst im Garten Gethsemane und nahm sein Schicksal an – sein Vorbild spendet Trost in diesen Zeiten.“

(c) oessh.net / Cfr. Jochen Spieß

Den zweiten Blick richtet Cfr. Nikodemus Schnabel auf das Kreuz der Täter und damit auf jene, die Schuld auf sich geladen haben. Er erinnert dabei besonders an Dismas, den mit Jesus gekreuzigten „rechten“ („guten“) Verbrecher oder Schächer, der nach dem Lukasevangelium am Kreuz Reue zeigt, wofür ihm Jesus das Paradies verspricht (Lk 23,39ff). Im Leben hat Dismas eine Spur des Leidens hinter sich gelassen und nach menschlichem Ermessen sein Leben als Schwerstkrimineller verwirkt. Dismas wird von Jesus und nicht von der Kirche heiliggesprochen. „Bitten wir Gott deshalb um seine Barmherzigkeit auch für die Täter auf beiden Seiten in Gaza.“ Das bedeute Christlichkeit, so der Abt.

Vergebung bis zuletzt

Beim dritten Blick auf das Kreuz stellt Cfr. Nikodemus Schnabel die Frage: „Was ist mit den vermeintlich Unerlösten, jenen, die nicht bereuen – also dem linken Schächer?“ Die Kirche hat viele Menschen heiliggesprochen, aber niemanden in die Hölle geschickt. Er erinnert an eine Darstellung in der Basilika Sainte-Marie-Madeleine, der ehemaligen Abteikirche des einstigen Benediktinerklosters in Vézelay. Auf einem Säulenkapitell ist zu sehen, wie der erhängte Judas von Jesus auf seinen Schultern aus der Hölle getragen wird. Hier sagt das berührende Bildnis: Der Herr vergibt bis zuletzt – und seine Hoffnung ist, so Cfr. Nikodemus Schnabel, „dass Gottes Barmherzigkeit und Gnade größer sind als jedes menschliche Versagen“.

Mit diesem Zeichen der Hoffnung, der Barmherzigkeit und Güte Gottes rief Cfr. Nikodemus Schnabel die anwesenden Gläubigen zum Gebet und zur Fürbitte für alle auf, um an Gottes Heil teilzuhaben.

Nach der Eucharistiefeier, die – wie der ganze Gottesdienst – festlich durch den Chor der Seelsorgeeinheit Ulm-Basilika und die Wiblinger Kantorei umrahmt war, dankte Cfr. Ulrich Kloos am Ende allen, die zum Gelingen des prachtvollen Gottesdienstes beigetragen haben.

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