Der Mai ist der Marienmonat. Dies Tradition ist entstanden, weil man die Gottesmutter mit der lebensbejahenden Kraft des Frühlings in Verbindung gebracht hat. Im Marienmonat Mai lohnt sich mehr denn je ein Schauen auf die Gottesmutter. Insbesondere im Evangelium von der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-12) hält Maria zwei wichtige Botschaften für uns bereit.

I.

Zunächst weist sie darauf hin: „Sie haben keinen Wein mehr.“ (Joh 2,3) Nun könnte man natürlich fragen: Hat die Gottesmutter Maria nichts Wichtigeres zu tun, als sich um ein paar Flaschen Wein zu kümmern? Aber die unscheinbare Botschaft ist sehr wichtig. Zunächst ganz menschlich: Maria sieht die Verlegenheit der Brautleute und macht die Not der Brautleute zu ihrer eigenen Not. Und sie geht zu Jesus: „Sie haben keinen Wein mehr.“ In dieser Haltung der Gottesmutter verwirklichen sich zwei Weisungen des Neuen Testamentes: „Einer trage des anderen Last“ (Gal 6,2) und „All eure Sorge werft auf ihn“ (1 Petr 5,7). Wenn wir Maria ehren und sie anrufen als die Fürsprecherin, dann hat das hier seinen Ursprung. Maria kümmert sich nicht nur um unsere großen Angelegenheiten; um die kümmert sie sich auch. Aber wir dürfen zu Maria als unserer Fürsprecherin auch gehen mit unseren Kleinigkeiten. Mit den kleinen alltäglichen Sorgen, die uns bedrücken. Maria ist sich nicht zu schade, auch unsere kleinen Sorgen und Nöte zu ihrer Not zu machen.

Aber der Satz führt uns noch in eine andere Richtung. Es ist schließlich kein Zufall, dass hier von einer Hochzeit berichtet wird. In Jesus feiert Gott Hochzeit zwischen sich und den Menschen. So wie Frau und Mann sich miteinander verbinden, so wird in der Menschwerdung und der Auferstehung Jesu der Mensch mit Gott eins. Und zu jeder Hochzeit – da setzt Jesus bei unserer alltäglichen Erfahrung an – gehört auch guter Wein. Wein ist in der Heiligen Schrift immer ein Zeichen der Lebensfreude. Wenn es nun hier heißt: „Sie haben keinen Wein mehr.“, macht Maria nicht oberflächlich darauf aufmerksam, dass keine Getränke mehr da sind, sondern dass den Menschen die Lebensfreude fehlt. Sie können gar nicht Hochzeit feiern, sie können sich mit Gott nicht verbinden, weil – und das ist das Drama der Menschheit – ihnen die Liebe fehlt. Es geht in dieser wunderbaren Erzählung um die menschliche Unfähigkeit zu lieben.

Wir dürfen also darauf vertrauen, dass wir der Lebensfreude immer dann nahe sind, wenn wir uns der Gottesmutter anvertrauen. Wir dürfen ihr aber auch mit unseren Lieblosigkeiten begegnen, in denen sie uns hilft, diese in Liebe zu verwandeln, damit wir mit dem Herrn Hochzeit halten können.

II.

Die zweite Botschaft ist ungleich wichtiger: „Was er euch sagt, das tut.“ Darin spiegelt sich zunächst die Grundhaltung Mariens wider, die ihr Leben durchzieht. Als der Engel zu ihr mit der überraschenden Botschaft kommt, sie werde ein Kind gebären, da war ihre schlichte und doch so tiefgehende Antwort: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Sie hat also genau das schon immer selbst gelebt, was sie nun als Handlungsanweisung an die Diener gibt. Wenngleich uns dieser Satz schnell einleuchtet, kommen wir ins Stocken, wenn es konkret wird. Im Fall der Hochzeit zu Kana wird dies an den Krügen sinnenfällig. Diese sollen mit Wasser gefüllt werden. Die Diener hätten diesen Auftrag als unsinnig zurückweisen können, denn es ging ja nicht darum, dass weitere Gäste die Füße gewaschen bekamen, wozu das Wasser in den Krügen eigentlich notwendig war. Aber sie tun es einfach.

Vielleicht haben wir solche Erfahrungen auch in unserem Leben schon gemacht. Wir nehmen zwar wahr, was Gott von uns erwartet, aber bevor wir irgendetwas tun, beginnen wir zu hinterfragen. Mitunter ist das Ergebnis des Hinterfragens dann, dass wir unsere menschlichen, oft engen Wege dann ohne den Auftrag Jesu gehen. Es gibt immer wieder in der Heiligen Schrift Situationen, in denen Menschen trotz aller Widersinnigkeit der Aufträge Jesu diese dennoch erfüllen. Ein gutes Beispiel dafür ist Petrus, als er mit leeren Netzen an das Ufer des Sees kommt und Jesus ihm in der Frühe des Tages sagt: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus.“ (Joh 21,6). So widersinnig dieser Auftrag auch gewesen sein mag, Petrus folgt dem Wort Jesu und wird reich belohnt. Genauso ergeht es den Diener auf der Hochzeit zu Kana. Sie folgen dem Herrn und erhalten Wein in Fülle. Wer auf das Wort Jesu hin „randvoll“ gehorsam ist, erfährt das Leben in Fülle.

Text: Cfr. Dr. Oliver Rothe

OESSH Deutsche Statthalterei

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