Unter dem Jahresmotto der deutschen Statthalterei „Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt“ (Röm 6,9) traf sich die Südwestdeutsche Provinz unseres Ordens vom 17.3. bis 19.3.2023 zum Einkehrwochenende. 45 Ordensmitglieder, Kandidaten und Gäste waren der Einladung von Provinzpräsident Cfr. Dr. Peter Müller ins oberschwäbische Kloster Untermarchtal gefolgt, um sich mit der zentralen Botschaft des christlichen Glaubens zu befassen, aber auch die Gemeinschaft zu pflegen und wieder einmal beisammen zu sein. Der Prior der Provinz Cfr. P. Winfried Schwab OSB nahm das sechste Kapitel im Römerbrief zur Grundlage, um das christologische Verständnis des hl. Paulus vorzustellen – und die Konsequenzen daraus für unser alltägliches Leben.

Das Abendlob zum Auftakt wie auch das Abendlob am Samstag wurden vom Geistlichen Zeremoniar Cfr. Franz Lang gestaltet; das erste zu Joh 3,16 „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat“ mit Gedanken zu einem selbst angefertigten Holzschnitt, der Jesus im Gespräch mit Nikodemus zeigt.

Das freie und bewusste Unterstellen unter Gottes Willen

Christus, so P. Winfried, sei der Sünde gestorben und lebe nun in Gott (Röm 6,10). Das heiße nicht, der Erlöser habe gesündigt. Vielmehr führte ihn der Widersacher wiederholt, aber vergeblich in Versuchung, etwa nach dem 40-tägigen Fasten in der Wüste. Immer habe Jesus der Verführung zum Bösen widerstanden. Wir wiederum unterlägen zwar auch den Anfechtungen und gäben ihnen oft genug sogar nach, hätten in Christus aber ein Vorbild und eine immerwährende Hilfe, das Leben in kleinen Schritten zum Besseren zu verändern.

Paulus unterscheide zwischen einem leiblichen Tod und einem Tod der Seele. Ersterer treffe zwar uns alle, der zweite jedoch sei eine Folge der Sünde. Gegen ihn könne jeder angehen, zunächst durch Schärfung des eigenen Gewissens, dann durch entsprechendes Handeln. Wenn Paulus von Sklaverei spreche, meine er kein gezwungenes Tun von Unfreien, sondern das freie und bewusste Unterstellen unter Gottes Willen. So stünden wir nicht mehr im Dienste der sündigen Ungerechtigkeit, sondern folgten der gottgewollten Gerechtigkeit.

Das sechste Kapitel des Paulusbriefes ende mit einer ermutigenden und zugleich hoffnungsfrohen Aussicht auf die Zukunft: „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm 6, 23)“.

Mittelalterliche und barocke Bilderwelten

In einem zweiten Teil wandte sich unser Prior den sogenannten „Vier letzten Dingen“ zu: Tod, Gericht, Hölle und Himmel. An Beispielen von Hieronymus Bosch im Prado in Madrid und Joseph Stammel in der Stiftsbibliothek Admont erläuterte er mittelalterliche und barocke Bilderwelten und Vorstellungen zu Lebensende und Zukunftshoffnungen. Der unausweichliche, oft genug plötzliche und überraschende Tod führe zum Gericht, in dem Christus über Himmel und Hölle entscheide. Früher Todsünden, heute Hauptlaster oder Wurzelsünden genannt, bestimmten Superbia

(Hochmut), Avaritia (Geiz, Habgier), Luxuria (Wollust), Ira (Zorn, Jähzorn), Gula (Völlerei), Invidia (Neid, Eifersucht) und Acedia (Faulheit) oft folgenschwer das Leben des Menschen und führten zur Ungerechtigkeit des paulinischen Römerbriefs. Dem entgegen stünden die guten Werke der Gerechtigkeit: Fasten, Beten und das Geben von Almosen. Das Verständnis von Gut und Böse, Richtig und Falsch sei im Übrigen eine Gemeinsamkeit vieler Religionen dieser Welt.

Spannende Diskussionen

Nach den Vorträgen entwickelten sich spannende Diskussionen, etwa zur Frage, ob die Hölle nun eigentlich voll oder leer, der Erlösungswille Gottes also umfassend sei. Achte er den freien Willen des Menschen und die daraus folgende Möglichkeit zur Sünde auch über das Lebensende hinaus, oder schenke er in unbegrenzter Güte jedem das ewige Leben in seiner Gegenwart.

Weitere Gespräche kreisten um die Bedeutung des Gewissens in einer säkularen Welt, die Goldene Regel, den allgemeinen Heilswillen Gottes, das Vorhandensein einer universal zugänglichen Ethik und die Theodizee.

„Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz“ (1 Sam, 16,7) – diesen Satz legte uns der Prior am Sonntagmorgen beim abschließenden Gottesdienst in der Hauskapelle nahe. Die sehenswerte Klosterkirche, 1970 geschaffen vom Schweizer Architekten Hermann Baur und von uns am Vortag im Rahmen einer kleinen Führung besucht, blieb am Morgen des 19. März einer stattlichen Gruppe oberschwäbischer Josefs-Pilger vorbehalten.

Überraschender Abschluss

Zum Ausklang berichteten die Confratres Markus Heinrich und Robert Stützle in einem PowerPoint-Vortrag von der Pilgerreise nach Armenien und Georgien, die eine Gruppe der Komturei St. Georg Ravensburg samt einigen Gästen im Frühjahr 2022 unternommen hatte. Überraschenderweise hatte sich ein paar Tage vor dem Beginn der Veranstaltung in Untermarchtal herausgestellt, dass einer der angemeldeten Teilnehmer sich in seiner Studienzeit intensiv mit der Geschichte, Kultur und Religion der Armenier beschäftigt und auch die altarmenische Sprache erlernt hatte. Dieser – Provinzpräsident Dr. Peter Müller – trug spontan profunde und interessante Erläuterungen zum Thema bei und beendete mit dem Vater unser in altarmenischer Sprache ein harmonisches Einkehrwochenende.

Cfr. P. Winfried Schwab OSB & Cfr. Robert Stützle

OESSH Deutsche Statthalterei

Kostenfrei
Ansehen