Cfr. Dr. Wolfgang Hartmann, Geistlicher Zeremoniar der Deutschen Statthalterei, ruft uns dazu auf, uns von der Botschaft der Heiligen Nacht berühren zu lassen.

Mitten in Angst und Schrecken kommt Gott zur Welt

Auch in diesem Jahr wird in der Heiligen Nacht in vielen Häusern und Familien, in zahlreichen christlichen Gemeinschaften und in allen Kirchen das Evangelium verlesen, das uns die frohe Botschaft der Weihnacht verkündet: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr“ (Lk 2,11).

Und doch werden wir in diesem Jahr das Weihnachtsevangelium anders hören. Die Wirklichkeit von Frieden auf der ganzen Welt, den die Engel besingen, scheint so unendlich weit entfernt zu sein. Uns alle berührt mit einem großen Schmerz die Realität von Krieg und Terror im Heiligen Land. Und wir empfinden in diesen Tagen wohl eher Angst und Schrecken als wohlige Rührseligkeit.

Die Verkündigung des Engels an Maria

Interessanterweise sprechen die Texte der Liturgie der Kirche, die wir am vierten Advent und am Heiligen Abend hören, von diesen beiden Regungen. Das Evangelium des vierten Adventsonntags, der in diesem Jahr gleichzeitig der Heilige Abend ist, erzählt von der Verkündigung des Engels an Maria. Es ist die erste Reaktion der Maria auf die Anrede durch den Engel, dass „sie erschrak“ (Lk 1,29). Und auch von den Hirten auf dem Feld wird berichtet, dass sie sich sehr „fürchteten“ (Lk 2,10) als der Engel zu ihnen sprach.

Das Christentum übersieht und verdrängt kein Leid

Vielleicht überhören wir manchmal diese Worte von Angst und Schrecken der Weihnachtsbotschaft. Aber in diesem Jahr erinnern sie uns in besonderer Weise daran, dass der Kreuzestod Christi bereits in den Augenblick seiner Verkündigung und seiner Geburt eingetragen ist. Das Christentum ist nicht eine Religion, die das Leid übersieht oder verdrängt. Auch nicht an Weihnachten. Aufgrund der Tiefenschärfe der ganzen biblischen Überlieferung und in dieser Hinsicht auch in enger Nachbarschaft zum Judentum ist unser christlicher Glaube kein Glaube, der das Leid, die Not und die vielfältigen Konflikte der Welt nicht benennt, sondern vielmehr exponiert und symbolisiert und sie zu jenem Ort macht, durch den hindurch allein das Heil geschehen kann.

Das Licht kommt in die Finsternis der Welt

Folgen wir des Weiteren den liturgischen Texten der Weihnacht, so werden wir entdecken, dass in der Heiligen Messe am Christtag der Prolog des Johannesevangeliums vorgelesen wird. Darin heißt es, dass das Licht in der Finsternis leuchtet (vgl. Joh 1,5). Das Licht kommt in die Finsternis der Welt. Das ist die weihnachtliche Botschaft. Inmitten der Verzweiflung wächst Zuversicht und Hoffnung. Neben Angst und Schrecken gibt es im Schatten des Todes einen Lichtschein des Trostes.

Diese Wirklichkeit haben schon viele Menschen in den verschiedensten Jahrhunderten nach Christi Geburt erfahren und oft auch in Gebeten und Liedern festgehalten. Auch das Weihnachtslied „Ich steh an deiner Krippe hier“ von Paul Gerhard besingt diese Wirklichkeit. In der dritten Strophe heißt es: „Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne“.

Wir sind eingeladen, uns vom Licht der Weihnacht erleuchten zu lassen

Unser Glaube sagt uns, dass sich durch die Geburt Christi die Lebensverhältnisse im Ganzen verändert haben. Die Armen und Kranken, die Leidenden und Verlassenen sind ins Licht gerückt. Denn „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,9). Auch wir sind eingeladen, uns vom Licht der Weihnacht erleuchten zu lassen. Und das gerade in einer Zeit der durch Furcht und Schrecken gefüllten Dunkelheit. Vielleicht erfahren wir dadurch umso mehr unsere Berufung im Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, „Hoffnung und Zuversicht zu schenken“, so wie wir es im Ordensgebet beten.

Ehre sei Gott in der Hohe und Friede auf Erden

Wir dürfen das Leid in der Welt und „die Wunden und Nöte der Menschen unserer Tage, besonders der Christen im Heiligen Land“ nicht verschweigen. Aber uns allen ist auch mit der Geburt Christi eine Antwort auf das Leid der Welt gegeben. Die Engel verkünden es in der Heiligen Nacht über den Hirtenfeldern von Betlehem: „Ehre sei Gott in der Hohe und Friede auf Erden“ (Lk 2,14). c.

Christus ist geboren

Feiern wir auch in diesem Jahr Weihnachten. Lassen wir uns von der Botschaft der Heiligen Nacht berühren, und gehen wir wie jedes Jahr zur Krippe, um das Jesuskind zu sehen und legen wir unsere Bitten, Anliegen und Sorgen dort nieder. Und vielleicht machen auch wir die Erfahrung, die der Priester Andreas Knapp in einem Gedicht beschreibt: „Das Licht der Welt erblickt die Finsternis der Welt. Und diese – hell erfreut – kennt sich selbst nicht wieder, strahlend vor Glück“ (Gedicht: Lichtspiel. In: Heller als Licht, S. 41). Und indem wir für unsere Schwestern und Brüder im Heiligen Land beten und opfern, möge sich auch für sie die Erfahrung von Licht in aller Dunkelheit ereignen. Denn „heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr“ (Lk 2,11).

OESSH Deutsche Statthalterei

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