Die Vorsitzende der Heilig-Land-Kommission, Csr. Cornelia Kimberger, erkundigte sich in einem telefonat mit Fr. Romanelli nach der aktuellen Situation in Gaza und der Westbank.

Leben und Überleben im Krieg

Seit drei Monaten berichten Tag für Tag die Medien vom Kriegsgeschehen in Israel und in Gaza. Was wir von dort hören und erfahren und was wir von dort an Bildern zu sehen bekommen, entsetzt, ja lähmt. Doch wie geht es der kleinen christlichen Gemeinde „Heilige Familie“ im Norden Gazas? Die Vorsitzende der Heilig-Land-Kommission, Csr. Cornelia Kimberger, telefonierte kürzlich mit Fr. Gabriel Romanelli, dem Priester der Gemeinde. Er selbst war gerade in Bethlehem, als die Hamas mit dem furchtbaren Attentat diesen grausamen Krieg begann. Er schaffte es nicht mehr rechtzeitig zurück in seine Gemeinde nach Gaza, worüber er sehr traurig ist. Die Grenzen waren geschlossen. So ist er nun durchgehend mit dem zweiten Priester der Gemeinde, Fr. Yousef, über Telefon und Internet verbunden. Die Christen sind nicht in den Süden Gazas geflohen, als das israelische Militär seine Bodenoffensive begann und dazu aufforderte. Das Gemeindeareal befindet sich im Norden des Gazastreifens, und die Menschen dort haben seitdem eine sehr schwere und gefährliche Zeit zu durchleben.

Fr. Romanelli, wie geht es den Menschen in Gaza?

Nach wie vor ist die Situation im Gazastreifen sehr kritisch. Viele Menschen sind inzwischen am Verhungern und Sterben, da es an den grundlegendsten Dingen zum Überleben mangelt. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser sowie Medikamenten für die kursierenden Krankheiten. Die Anzahl der Opfer ist unvorstellbar. Mehr als 59.000 Menschen sind verwundet, mehr als 22.000 Menschen wurden getötet, darunter mehr als 8.000 Kinder. Darm- und Magenkrankheiten sind vor allem für die Kleinsten sehr gefährlich, wenn sie nicht behandelt werden.

(c) lpj.org

Wie ist die Situation in der Gemeinde Heilige Familie, auf dessen Gemeindeareal inzwischen weit über 600 Menschen, Christen und ein paar wenige Muslime Zuflucht gefunden haben?

Paradoxerweise ist die Lage bei uns auf dem Gemeindegelände weniger ernst als draußen vor den Toren. Das israelische Militär ist etwas weiter in die Umgebung gezogen und daher ist der Beschuss und das Bombardement nicht mehr ganz so nahe. 27 Christen sind seit Kriegsbeginn gestorben, 17 von ihnen durch Bomben beim Angriff auf die orthodoxe Kirche. Zwei Frauen, Nahida und ihre Tochter Samar, wurden durch Scharfschützen auf unserm Gemeindegrund getötet. Eine ältere Dame wurde, als sie nach ihrem Haus schauen wollte, ebenfalls von Scharfschützen erschossen. Da wir keine Medikamente und ärztliche Versorgung haben, sind 7 Christen an Verletzungen und Krankheiten verstorben. Somit sind fast 3% der Christen von vormals 1.017 nicht mehr unter uns.

Haben die Christen genug Nahrung?

Bei uns auf dem Gemeindegelände ist die Situation nicht so dramatisch wie im übrigen Gaza. Wir bekommen ein wenig an Nahrung, die wir rationieren und gerecht teilen. Das ist Gottes Hilfe und sein Segen für uns….

Wie geht es den 54 schwerstbehinderten Kinder, die von den Mutter-Theresa-Schwestern liebevoll versorgt werden?

Der Stromgenerator und die Wassertanks wurden am Samstag vor dem Heiligen Abend zerstört. Zunächst war die Sorge groß, ob wir die Kinder weiterhin gut versorgen können. So viel kann ich sagen, den Kindern geht es gut.

Worin schöpfen die Christen Kraft?

Viele Male am Tag zelebriert Fr. Yousef die Heilige Messe. Die Christen, darunter auch sehr viele Kinder und Jugendliche, besuchen die Gottesdienste und die Rosenkranzgebete. Diese schenken ihnen Kraft und Durchhaltevermögen. Auch Papst Franziskus sorgt sich sehr um die christliche Gemeinde. Täglich telefoniert er mit Fr. Yousef und spricht Trost und Segen zu. Am Sonntag, dem 7.1.2024, empfingen acht Kinder ihre erste Heilige Kommunion. Viel Freude bereitete es einigen Helfern, mit den Schwestern nach Weihnachten Hostien zu backen. Für ein paar Minuten vergaßen sie so die furchtbare Situation. Wir haben einige Ministranten, die gerne und regelmäßig Fr. Yousef bei den Gottesdiensten zur Seite stehen. Auch als der Strom ausfiel, fand die Messe bei Kerzenschein statt.

Lieber Fr. Romanelli, ein herzliches Dankeschön für Ihre Informationen. Seien Sie sich gewiss, dass wir Damen und Ritter für die Christen in Gaza und für ein Ende des Krieges beten. Auch mit unseren Spenden werden wir weiterhin helfen.

Sami El-Yousef, der CEO des Lateinischen Patriarchats, bezeichnet Fr. Yousef in einer Nachricht als Helden, als er ihm zum 50.Geburstag gratulierte. „Fr. Yousef leistet seit dem Beginn des nun über 90 Tage andauernden Krieges eine unter extremer Anspannung stattfindende, außergewöhnliche Arbeit.“

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